Ich bin sprachlos, wenn ich die Bilder der Frauen im Iran sehe, die Hand in Hand stehen und ihr Kopftuch ablegen. Ich sehe ihren Mut, ich sehe ihre Wut auf das Regime. Diese Frauen werden niemals aufgeben. Ihr Mut wird die Brutalität des Regimes überragen. Und endlich gehen diese drei Worte um die Welt: Frauen. Leben. Freiheit.

Ich bin sprachlos bei jeder neuen Nachricht darüber, dass gleich nebenan eine Frau getötet wurde:

04.05.2022. Femizid in Burgdorf. Ein 37-jähriger Mann tötet seine Frau (35) mit dem Messer auf dem Parkplatz. Esra wohnte hier. Esra wollte sich trennen.

12.12.2022. Femizid in Lachendorf. Ein 79-jähriger gesteht, seine Ehefrau (78) erstickt zu haben.

04.11.2022. Hildesheim. Ein 41-jähriger Mann steht unter dringendem Tatverdacht, seine 50-jährige Partnerin schwer verletzt zu haben.

17.01.2023. Hildesheim. Frau (40) durch Gewalteinwirkung getötet. Tatverdächtiger: Der Ehemann.

Jeden dritten Tag ein Femizid. Jeden Tag ein Versuch. Ni una menos - Nicht eine weniger - Wir wollen uns lebend!

Ich bin sprachlos, dass Sexismus und geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz immer noch kein fester Bestandteil im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz sind. Arbeitgeber*innen müssen endlich verpflichtet werden, für ein gewalt- und belästigungsfreies Arbeitsumfeld zu sorgen. Das Arbeitsschutzgesetz muss dahingehend ergänzt werden. Es kann nicht sein, dass unsere Gesundheit hier so leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird! Auf betrieblicher und behördlicher Ebene müssen alle gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden, um Menschen vor sexueller Belästigung jeglicher Art zu schützen und abwertendes Verhalten zu verhindern – für ein diskriminierungsfreies Miteinander. 

Ich bin sprachlos, dass der Equal-Pay-Day gestern war. Schon wieder am 07. März, keinen Tag früher, aber immerhin zum zweiten Mal vor dem Frauentag. Also nichts passiert? Oh doch, vor wenigen Wochen gab es immerhin ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, dass „besseres Verhandlungsgeschick“ keine Begründung für eine besserer Entlohnung gleichgestellter männlicher Mitarbeitender sei, sondern Diskriminierung. Das BAG sprach einer 44 Jahre alten Dresdnerin, die im Vertrieb einer sächsischen Metallfirma gearbeitet hat, eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro sowie eine Entschädigung zu. Ein erster Schritt in Richtung Entgeltgerechtigkeit. Erwerbsarbeit muss sich auf für Frauen lohnen und darf nicht weniger wert sein als die männlicher Kollegen. Die Lohnlücke muss sich endlich schließen – mehr als zwei Monate vergleichsweise entgeltlose Arbeit sind zu viel.

Ich bin sprachlos, denn heute wird gestreikt. Ich bin sprachlos, weil durch die Warnstreiks im öffentlichen Dienst und gerade heute in den Kitas wieder deutlich wird, wie wenig Wertschätzung bestimmte Berufsgruppen erhalten – und wie wenig wir bereit sind, wertzuschätzen, dass auch ein „Frauenberuf“ Arbeit bedeutet. Aber wir haben das ja eh schon in den Genen und machen das einfach nur gerne: Kinder erziehen, Jugendlichen zuhören und eine Perspektive bieten, Kranke pflegen und Pflegebedürftigen das geben, was sie brauchen. Nein, diese Berufe sind Arbeit, harte Arbeit mit viel Verantwortung für unsere Mitmenschen. Diese Berufe müssen aufgewertet werden, hier mangelt es an Fachpersonal und hier brauchen wir Frauen finanzielle Sicherheit.

Ich bin sprachlos, weil ich außer Atem bin. Weil heute Streik in der Kita ist. Weil das bedeutet, dass ich den Tag neu organisieren, neu durchplanen muss: Kinder mit zur Arbeit oder Arbeit mit nach Hause zu den Kindern? Was gibt es dann heute zum Mittag? Wann gehen wir einkaufen? Das Zeitfenster dafür ist mit x Stunden einzuplanen. Vorher noch die Windel wechseln. Wo ist eigentlich Igor, der Kuscheligel? Oh Piep, die Wäsche ist fertig.

Ich bin sprachlos, weil ich auch sonst außer Atem bin. Wie war das noch mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Sollte ich noch mehr Stunden reduzieren oder einfach mehr Home-Office im Kinderzimmer einplanen? Aber nein, eigentlich wollte ich ja mehr arbeiten, aufsteigen, nicht nur Mama sein. Ach, egal. Keine Zeit. Und ist das nicht ein normaler Tag: Was gibt es dann heute zum Mittag? Wann gehen wir einkaufen? Das Zeitfenster dafür ist mit x Stunden einzuplanen. Vorher noch die Windel wechseln. Wo ist eigentlich Igor, der Kuscheligel? Oh Piep, die Wäsche ist fertig…

 

Nein, so nicht! Wir brauchen Arbeitszeiten, die zum Leben passen und Frauen wie Männern die gleichen Möglichkeiten eröffnen, erwerbstätig zu sein und gleichzeitig Verantwortung für die Familie (und die lästige Hausarbeit) zu übernehmen. Aber selbst wenn ein Vater in Elternzeit geht, eine echte Umverteilung der Sorgearbeit ist gesetzlich nicht vorgesehen. Hier braucht es einen Ausbau der Partnermonate und bezahlte Freistellung für Väter und zweite Elternteile rund um die Geburt eines Kindes.

 

Und dann bin ich sprachlos, wenn ich in die Statistik schaue, die verkündet: Am Ende stehen wir mit nichts da. Nach steuerlicher Benachteiligung, Minijobs, Erziehungszeiten, jahrelanger Teilzeit- oder prekärer Beschäftigung: Altersarmut. Leisten können wir Frauen uns das nicht – aber auch die Gesellschaft kann es nicht: Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten, also brauchen wir Sicherheit und Perspektiven. Bei der Arbeit, für unsere Zukunft, in der Familie.

 

Ich will nicht sprachlos bleiben. Lasst uns laut sein, lasst uns kämpfen!

Es gibt noch viel zu tun, hier, nebenan und überall.

Für uns, für unser Leben, für unsere Freiheit!

 

Der 8. März ist Internationaler Frauentag. Seit mehr als 100 Jahren demonstrieren an diesem Tag Frauen weltweit für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung von Frauen.

Aufruf des DGB zum Internationalen Frauentag 2023

Liebe Kolleg*innen,

angesichts der Herausforderungen durch Energiekrise, Klimawandel, fortschreitende Digitalisierung und demographische Entwicklung hat die Debatte um die Transformation der Wirtschaft und die Sicherung von Fachkräften an Fahrt aufgenommen. Die Geschlechterperspektive kommt dabei in der Regel zu kurz – und das obwohl bei den Frauen, die aufgrund von familiärer Sorgearbeit in prekärer Beschäftigung, in Teilzeit oder gar nicht (mehr) erwerbstätig sind, ein enormes Beschäftigungspotenzial liegt. Dieses Potenzial nicht zu nutzten, können sich Wirtschaft und Gesellschaft längst nicht mehr leisten!

Als Gewerkschaften appellieren wir an Arbeitgeber*innen und politisch Verantwortliche, endlich die Hürden für Frauen im Erwerbsleben zu schleifen. Ihre gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt muss sichergestellt werden – auch als Voraussetzung für eine nachhaltige Wirtschaft und eine zukunftssichere Gesellschaft. Denn eins steht fest: Der Fachkräftemangel droht zum Bremsschuh des Wandels zu werden und wird ohne Frauen nicht zu beheben sein.

Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!

Wir fordern:

  • Arbeitszeiten, die zum Leben passen und Frauen wie Männern die gleichen Möglichkeiten eröffnen, erwerbstätig zu sein und gleichzeitig Verantwortung für Familie und Hausarbeit zu übernehmen;
  • Umverteilung von Sorgearbeit und Stärkung von Partnerschaftlichkeit, durch den Ausbau der Partnermonate und eine zehntägige, bezahlte Freistellung für Väter und zweite Elternteile rund um die Geburt eines Kindes sowie flächendeckende und bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder und Pflegebedürftige;
  • existenzsichernde Einkommen durch Stärkung von Tarifbindung und Aufwertung der Berufe in frauendominerten Branchen, damit sich Erwerbsarbeit für Frauen lohnt und finanzielle Sicherheit bietet – auch in Krisenzeiten;
  • Schließen der Lohnlücke, u. a. durch die Pflicht für Betriebe und Verwaltungen, ihre Entgeltpraxis regelmäßig zu überprüfen, damit Kolleg*innen nicht benachteiligt werden;
  • Beseitigung von Fehlanreizen im Steuersystem durch die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V und eine Reform der Minijobs mit dem Ziel, alle Beschäftigungsverhältnisse ab der ersten Arbeitsstunde sozial abzusichern,
  • Gleichstellungscheck für alle politischen Vorhaben, damit sie den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern gerecht werden und die Gleichstellung vorantreiben.

Am Internationalen Frauentag 2023 blicken wir Frauen im Deutschen Gewerkschaftsbund den Herausforderungen unserer Zeit mutig entgegen. Gerade in Krisenzeiten kämpfen wir gemeinsam und mit voller Kraft für die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Denn für uns ist klar: Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!

 

Weitere Informationen:

https://niedersachsen.dgb.de/termine/++co++b7910cbe-ac7d-11ed-8cf6-001a4a160123

Wir von der GEW laden euch zu verschiedenen Veranstaltungen in Celle ein und freuen uns auf euch.

Ladet eure Kolleginnen und Freundinnen ein und kommt vorbei!

 

Anbei das Plakat zur Demo am 08.03.23:  Internationaler Frauentag 2023

 

Anbei der Link zur Einladung des Vortrages mit Ulrike Herrmann am 09.03.23: Vortrag und Diskussion mit Ulrike Herrmann

Gut 100 Tage nach der Landtagswahl besuchte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Stefan Störmer die Axel-Bruns-Schule und die Oberschule an der Welfenallee. Im Austausch mit den Celler Kolleg*innen wurde deutlich: Geduld und Kräfte der Beschäftigten an den Schulen sind erschöpft, von der niedersächsischen Landesregierung werden nun umgehend Taten erwartet.

 

Zunächst informierte sich Störmer an der Axel-Bruns-Schule (BBS II) im Gespräch mit der Schulleitung über die Arbeit an einer berufsbildenden Schule mit dreizehn verschiedenen Schulzweigen. Inner- und außerschulische Kooperationen, ein vielschichtiges und durchlässiges Schulangebot, aber nicht zuletzt die intensive Arbeit der Kolleg*innen bereiten die Schüler*innen auf die Berufs- und Lebenswelt vor. Gesellschaftliche, technologische und ökologische Entwicklungen werden aufgegriffen und für die Lernprozesse genutzt – auch dies zeichnet die besondere Arbeit an dieser Schulform aus, verlangt den Kolleg*innen aber auch vieles ab.

 

Die besondere Belastungssituation der Kolleg*innen an den allgemeinbildenden Schulen wurde danach bei einem Besuch an der Oberschule an der Welfenallee breit diskutiert. „Die Kolleg*innen arbeiten großartig und viel Herzblut, aber sie schaffen es nicht mehr“, lautet das Fazit des Schulleiters. Gerade an den Oberschulen müssten die Schüler*innen für die Gesellschaft vorbereitet werden und eine Perspektive bekommen. Doch die räumliche und personelle Situation behinderten eine erfolgreiche Arbeit. Räume für differenzierendes Arbeiten fehlen. Für die gezielte Förderung einzelner Schüler*innen würden darüber hinaus mehr Kolleg*innen und sowie die Unterstützung von z. B. Therapeut*innen benötigt, doch beim aktuellen Personalmangel sei nicht einmal die grundlegende Unterrichtsversorgung gedeckt. Die GEW fordert seit langem Entlastung für die Kolleg*innen an den Schulen und nun eine schnellstmögliche Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung. „Eine bessere Bezahlung von
Grund-, Haupt- und Realschullehrkräften darf keinesfalls hinausgezögert werden“, forderte
Störmer. Für die Beamt*innen handelt es sich um die Besoldungsgruppe A 13, bei den
Tarifbeschäftigten geht es um die Entgeltgruppe E 13. „Die Geduld dieser Lehrkräfte ist
erschöpft. Sie brauchen einen konkreten Terminplan, wann ihre Bezahlung endlich auf das
Niveau der anderen Schulformen angehoben wird“, so der Landesvorsitzende. Auch die Bezahlung der weiteren Beschäftigten müsse angepasst werden – und die Kapazitäten für die Ausbildung der Fachkräfte erhöht werden, damit überhaupt mehr Personal verfügbar wäre.

 

Abschließend kamen Mitglieder der Celler Schulpersonalräte sowie des Celler Kreisvorstandes der GEW mit Stefan Störmer zusammen. In diesem Rahmen wurden die besonderen Herausforderungen, die aktuell die Arbeit an den Celler Schulen begleiten, ausgetauscht. Als unbefriedigend und aufreibend bewerten die Kolleg*innen die Umsetzung von Ganztag und Inklusion. Fehlende Lehrkräfte an den Grund- und Oberschulen werden durch Abordnungen von anderen Schulformen gedeckt, Fachkräfte für die Inklusion fehlen, der Krankenstand der Kolleg*innen erhöht sich stetig. Auch hier zeigt sich: Ohne mehr Personal ist auch keine Lösung der Misere in Sicht.

 

 

 

 

 

 

Fotos: Nadine Kaminski